Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Alle allgemeinen Themen zu Elektronik und Elektro

Alle allgemeinen Themen zu Elektronik und Elektro

Moderator: Moderatorengruppe

Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon frischgebacken am Mittwoch 7. Mai 2014, 10:43

Hallo! Bin frischgebackener Besitzer einer Siemens Hauptuhr mit Sekundenpendel. Ich habe die Anleitung für Montage und Inbetriebnahme sowie ein Heft mit Abbildungen und Legende. Es ist lt. Gehäuse eine HU 20, sieht aus wie eine HU 48.

Sie funktioniert, aber ich glaube nicht, daß das alles so beabsichtigt ist:

1. Der Pendelkontakt treibt bei jeder Pendelschwingung den Aufzugsmagneten an,weil Vorlauf- und Nachlaufkontakt überbrückt sind und die Zuleitung zum Magneten daher nur noch vom Pendelkontakt beeinflusst wird. Das halte ich für entweder falsch angelötet nach "Reparaturversuch" oder irgendwann "umgebastelt", warum auch immer.

Habe jetzt mal so umgelötet, wie ich den Schaltplan verstehe, jetzt wird der Aufzugsmagnet nur noch zwei mal pro Minute, bei 30 und 60 sek, betätigt. Das scheint mir sinnvoller. Mal sehen, was die Amplitude macht, s.u.

2. wenn die Uhr ganz aufgezogen ist und am Strom hängt, beträgt die Pendelamplitute ca 130 Bogenminuten. Wenn ich den Stecker rausziehe, wird das Pendel nicht mehr ausreichend angetrieben und nach ca 20 min reicht die Amplitude nicht mehr für die Betätigung der Hemmung aus, weil sie unter 60 Bogenmin sinkt. Ich würde ja verstehen, wenn die Amplitude generell nicht erreicht wird (Werk verdreckt oder so), aber warum hat der Antrieb mehr Kraft, wenn er am oberen Anschlag aufgezogen ist?

3. wenn die Uhr (alle 20 min Pendel wieder per Hand antreiben) von Gewicht angetrieben wird, spult sich die Seiltrommel nur eine Umdrehung ab, dann stößt die Nase auf dem Zahnrad auf der Seiltrommel von unten an den Nachlaufsteuerhebel und blockiert die Seiltrommel. Müßte das nicht vorbeilaufen? Sonst hat die Uhr ja statt einigen Stunden, was wegen des Platzes für das Gewicht ja möglich wäre, nur eine Notlaufdauer von einer Stunde.

Fällt Euch da spontan was ein?

Vielen Dank!
frischgebacken
Threadstarter
53927
 
Beiträge: 4
Registriert: Mittwoch 7. Mai 2014, 09:52
Postleitzahl: 26122
Land: Germany / Deutschland

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon frischgebacken am Mittwoch 7. Mai 2014, 11:30

Hier einige Bilder der Uhr:

Bild

Bild

Bild

Bild

Ist das normal, daß ein Ankerrad so aussieht? Macht das was? Ist ja eigentlich bei dem starken Magneten nebenan kein Wunder….
Bild
frischgebacken
Threadstarter
53930
 
Beiträge: 4
Registriert: Mittwoch 7. Mai 2014, 09:52
Postleitzahl: 26122
Land: Germany / Deutschland

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon anders am Mittwoch 7. Mai 2014, 13:22

Ist das normal, daß ein Ankerrad so aussieht?
Bestimmt nicht.
Das Ankerrad ist ja auch aus Messing und deshalb unmagnetisch. Offenbar kleben die Späne an Öl und Dreck.

Vielleicht solltest du das ganze Werk einmal in einem Ultraschallbad reinigen.
Zum schnelleren Trocknen mit Spiritus spülen und diesem am Schluß eine Spur Öl beigeben, weil sich sonst sofort Flugrost auf den völlig entfetteten Stahlteilen bildet.

jetzt wird der Aufzugsmagnet nur noch zwei mal pro Minute, bei 30 und 60 sek, betätigt. Das scheint mir sinnvoller.
Mir auch.
Ich kenne ähnliche Hauptuhren in Stahlschränken noch aus den 1960ern. Allerdings war das ein Paar, das sich gegenseitig überwachte. Die machten im Flughafen Düsseldorf die offizielle Zeit. Nicht nur für die zahllosen Nebenuhren sondern auch für die Uhrzeitansage auf den Überwachungsbändern der Flugsicherung. Dort standen diese Uhren auch.
Das ist schon lange her, aber ich habe den Eindruck, dass die sich noch seltener aufzogen.

aber warum hat der Antrieb mehr Kraft, wenn er am oberen Anschlag aufgezogen ist?
Da ist etwas faul.
Evtl. stammt die stärkere Kraft gar nicht aus der Gewichtskraft, sondern weil der Aufzug bis in eine mechanische Begrenzung läuft, die in der Folge grosse elastische Kräfte ausübt.


P.S.: Soweit ich mich erinnern kann hatten diese Uhren einen motorischen Aufzug, und der Sekundentakt wurde nicht mittels Kontakten ausgekoppelt, sondern induktiv mittels eines Stabmagneten, der durch eine Spule schwang. Nachfolgend Transistorverstärker usw..
Zuletzt geändert von anders am Mittwoch 7. Mai 2014, 13:30, insgesamt 2-mal geändert.
anders
53933
Moderator
 
Beiträge: 4686
Registriert: Freitag 28. Februar 2003, 13:46

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon frischgebacken am Mittwoch 7. Mai 2014, 13:52

anders hat geschrieben:
Ist das normal, daß ein Ankerrad so aussieht?
Bestimmt nicht.
Das Ankerrad ist ja auch aus Messing und deshalb unmagnetisch. Offenbar kleben die Späne an Öl und Dreck.

Vielleicht solltest du das ganze Werk einmal in einem Ultraschallbad reinigen.
Zum schnelleren Trocknen mit Spiritus spülen und diesem am Schluß eine Spur Öl beigeben, weil sich sonst sofort Flugrost auf den völlig entfetteten Stahlteilen bildet.

Naja, ich bin Vor-dreißig-Jahren-Autoschrauber und meine Uhrmacher-Erfahrung beschränkt sich auf den Besitz einer Bürk-3/4-Sekundenpendeluhr (die scheint mir viel robuster und simpler als die Siemens, offensichtlich wollte man die Schwachstellen des Siemens-Konzeptes vermeiden) und einer Bürk-Stempeluhr. Ich bin schon stolz, daß ich das falsch angelötete Kabel bemerkt und korrigiert habe. Es schreckt mich ein wenig, ein funktionierendes Werk zu zerlegen.

Andererseits: die Teile sind ja groß, als erste Übung für Grobmotoriker wie mich vielleicht nicht schlecht. Hm. Zusammenbauanleitung habe ich ja, Ultraschallbad gibt's im Internet, Spiritus habe ich noch, Nähmaschinenöl auch. Geht Kugellagerfett für die zu fettenden Stellen?

Wenn man beim Zusammenbau vorsichtig die Achsen in die Buchsen/Lager der vorderen Platine fädelt, kann man doch die vordere Platine einfach handfest aufschrauben und gut ist, oder? Zu justieren wäre allenfalls die Ankerplatine und da werde ich mich hüten… Dann vorne und hinten nach Plan ölen und fetten und fertig…

Vielleicht mal für einen trüben Tag.

Was mich wundert: die Uhr stammt aus der Werkstatt eines sehr alten Uhrmachers, wo sie einige Nebenuhren antrieb und kam von dort über den Verkäufer an mich. Der Dreck ist doch da nicht in 5 Jahren reingekommen, Handwerker pflegen doch ihre Sachen. Naja, wenn der Uhrmacher schon sehr alt war….

aber warum hat der Antrieb mehr Kraft, wenn er am oberen Anschlag aufgezogen ist?
Da ist etwas faul.
Evtl. stammt die stärkere Kraft gar nicht aus der Gewichtskraft, sondern weil der Aufzug bis in eine mechanische Begrenzung lief, die nun grosse elastische Kräfte ausübt.
Ja, das scheint mir auch so. Jetzt läuft sie seit vier Stunden mit einer Amplitude von ca. 70-75 Bogenminuten, das ist sicher gesünder.
frischgebacken
Threadstarter
53935
 
Beiträge: 4
Registriert: Mittwoch 7. Mai 2014, 09:52
Postleitzahl: 26122
Land: Germany / Deutschland

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon anders am Mittwoch 7. Mai 2014, 14:11

Es schreckt mich ein wenig, ein funktionierendes Werk zu zerlegen.
Nicht zerlegen!
Einfach das Werk in ein Ultraschallbad mit warmen Wasser und etwas Spülmittel geben.
Die zu Preisen im 20..30€ gehandelten US-Bäder sind imho aber zu schwach.

Danach mit viel klarem (evtl. destilliertem) Wasser und schliesslich mit Spiritus ausspülen um die Trocknung zu beschleunigen.
In Labors gibt es dafür Trockenschränke, zu Not tut es der Backofen bei 90°C.
Der Spiritus sollte da aber schon weitgehend verschwunden sein, damit es keine Explosion gibt.

Ich habe es ausprobiert: Die Teile kommen blitzblank aus dem US-Bad, und wenn man in die letzte Spülung kein Öl gibt, eine Spur reicht, dann sind nach 15min im Trockenschrank alle Stahlteile mit einer hauchdünnen Rostschicht überzogen.
Die geht zwar im US sofort wieder ab, aber das muß ja nicht sein.
Zuletzt geändert von anders am Mittwoch 7. Mai 2014, 14:12, insgesamt 1-mal geändert.
anders
53936
Moderator
 
Beiträge: 4686
Registriert: Freitag 28. Februar 2003, 13:46

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon frischgebacken am Mittwoch 7. Mai 2014, 15:03

anders hat geschrieben:
Es schreckt mich ein wenig, ein funktionierendes Werk zu zerlegen.
Nicht zerlegen!
Einfach das Werk in ein Ultraschallbad mit warmen Wasser und etwas Spülmittel geben.

Na das ist was anderes! Wenn ich da ein bisschen aufpasse, kann ich ja auch die Kontakte dranlassen und sogar die Nylonschnur. Wie ist das mit den Rutschkupplungen (oder ist das nur die Reibung der Hülsen auf den Achsen) der Zeiger?
frischgebacken
Threadstarter
53937
 
Beiträge: 4
Registriert: Mittwoch 7. Mai 2014, 09:52
Postleitzahl: 26122
Land: Germany / Deutschland

Re: Verständnis Funktion Siemens Hauptuhr

Neuer Beitragvon Manx am Donnerstag 8. Mai 2014, 16:36

Die Uhrmacher, die HU 20 und deren Schwestern pflegten, benutzten oft Petroleum für die Reinigung und Rückfettung der Uhren und deren Lager.

Fett solltest du m.E. nirgendwo in der Uhr einsetzen, es sei denn, es wäre eine Kirchturmuhr. Öl wäre das einzige Mittel.

Versuch doch mal, ein Servicehandbuch für die Uhr aufzutreiben, vielleicht gibt es sowas noch irgendwo. Diese Handbücher waren oft so gut abgefasst, dass man mit deren Hilfe erfolgreich Fehler suchen und beseitigen konnte.
Mein Perpetuum Mobile funktioniert jetzt,
aber es braucht noch verdammt viel Strom.
Manx
53953
Silber Mitglied
 
Beiträge: 277
Registriert: Mittwoch 18. März 2009, 08:56
Wohnort: Nordostwestfalen
Postleitzahl: 32425
Land: Germany / Deutschland


Zurück zu Elektronik Allgemein

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 56 Gäste


cron