Membranpotential

Grundlagen des elektrischen Stromes. Alle Fragen zu Elektronik und Elektro sind erwünscht.

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Membranpotential

Neuer Beitragvon ohrenqualm am Dienstag 14. Dezember 2010, 22:27

Guten Abend allerseits

Mir ist bewusst, dass diese Frage dem ersten Anschein nach in den Bereich der Physiologie gehört.
Da mein eigentliches Problem jedoch nur die Elektrizitätslehre betrifft, ist sie hier wohl doch gut aufgehoben.
Im ersten Abschnitt ist die Thematik der Biomembran kurz erklärt, dann folgt die Frage. Wer sich mit MPs/ APs also auskennt, kann getrost direkt zum Ende scrollen =).

Eine Biomembran besteht aus einer Doppelschicht von amphiphilen Lipiden und diversen Proteinen. Wichtig hier: Transmembranproteine können selektiv Ionen durch die Membran transportieren. Aufgrund dieser Eigenschaften ist eine Ladungstrennung möglich (Ionen können nicht durch die Doppellipidschicht diffundieren).
Die Membran hat ein Ruhepotential, dass je nach Zellart unterschiedlich ist, jedoch meist im negativen milliVolt-Bereich (typischerweise ca. -70mV). Das Potential kommt zustande (und kann ausgerechnet werden) durch einen elektrochemischen Gradienten (Fick'sches Diffusionsgesetz, Nerstgleichung, Goldman-Katz-Gleichung) -ist hier irrelevant. Die intrazelluläre Seite ist meist die "negative Platte".
Das Ruhemembranpotential ist z.B. die Voraussetzung für die Entstehung/Weiterleitung von Aktionspotentialen (vereinfacht: dort schnellt das Potential nach Erreichen eines Schwellenwertes bis in den positiven Bereich, um danach wieder zurück zu fallen -wie ist an dieser Stelle unwichtig).

Nun stehen in meinem Physiologiebuch die folgenden Gegebenheiten untereinander:
- Membranen haben einen hohen elektrischen Widerstand. Durch kleine Ionenströme können daher grosse Spannungsänderungen ausgelöst werden (...).
- Membranen haben eine hohe spezifische Kapazität (ca. 1mikroFarad/cm^2), d.h. jede elektrische Spannungsänderung erfordert die Verteilung von Ladungen auf der Membranoberfläche. Dieser Prozess benötigt Zeit und verbraucht viele geladene Teilchen. Daher schwächen sich elektrische Signale bei ihrer Weiterleitung entlang von Membranen ab.

(Quelle: "Physiologie", Hrsg. Klinke, Pape, Kurtz und Silbernagl, Thieme-Verlag, 6.Auflage, S.61)

Diese beiden Feststellungen bereiten mir echt Probleme. Recherchieren im Internet, in Fachforen und Lehrbüchern hat bislang nichts gebracht.
Und zwar stolpere ich über Folgendes: wenn a) gesagt wird, dass nur KLEINE Ionenströme gebraucht werden, wie können dann b) VIELE Ionen "verbraucht" (ich nehme an, damit ist der Wechsel von intra- zu extrazellulär oder umgekehrt gemeint) werden? Weshalb ist eine (relativ) grosse Kapazität gleichbedeutend mit mehr Zeitaufwand bei der Verteilung? Und warum bedeutet das alles, dass das Signal abgeschwächt wird?

Imaginäre Gleichheitszeichen (wo wahrscheinlich irgendwo der Wurm drin ist):

Grosser Widerstand = V/A = grosse Spannung ist nötig um wenig Coulomb/Sekunde fliessen zu lassen.
Umkehrschluss: wenig C/s beeinflussen die Spannung stark
Grosse Kapazität = grosser Speicher = viele Coulomb pro Volt müssen fliessen, um zu ihn laden.

Lösungsansätze

1. Wenig C/s fliessen. Dadurch ändert sich die Spannung bereits deutlich. Um sich auszubreiten muss die ("örtliche") Spannungsänderung andauern, bis genug Coulomb geflossen sind, um auch das umgebende Areal zu beeinflussen.
2. Vermutlich ist die ganze Sache logisch, wenn man die "Doppelrolle" der Membran -einmal als Widerstand, einmal als Kondensator- miteinbezieht. Und da happerts bei mir.

Falls jemandem von euch /Ihnen eine Erklärung einfällt (oder ein gutes Lehrbuch/ein guter Link) oder jemand mir einen Tipp geben kann -ich wäre echt froh.

MfG und einem grossen Danke schon im Vorraus
ohrenqualm
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Re: Membranpotential

Neuer Beitragvon anders am Mittwoch 15. Dezember 2010, 03:17

Ziemlich einfach (und außerdem ist ja bekanntlich alles relativ :mrgreen: ): Strom ist Ladung pro Zeit.

Ein geringer Strom (wenige Ladungsträger pro Sekunde) bewirkt also, daß sich sich bei gegebener Kapazität der Doppelschicht die Spannung aka Potential langsamer auf- bzw. abbaut, als bei einem hohen Strom.

Als Zahlenbeispiel:
Bei einer Fläche von 1mm2 hätte die Doppelschicht eine Kapazität von 10nF und ein Strom von 1pA würde einen Spannungsänderungsgeschwindigkeit von 0,1mV/s verursachen.

Vermutlich müssen für die Reizweiterleitung erst bestimmte Potentialschwellen überschritten werden und das dauert dann in jeder Stufe eben eine gewisse Zeit bis diese Schwellen erreicht sind.

Nach einer etwaigen Potentialverteilung in er Ebene der Doppelschicht war ja nicht gefragt?

Ich bin nicht mit den aktuellen Meßverfahren in der Physiologie vertraut, aber er genannte Strom von 1pA ist ungefähr die Untergrenze desssen, was man mit leicht erhältlichen Verstärkern noch vernünftig messen kann.
Der Eingangsstrom entsprechender Operationsverstärker in der Preiskategorie 1$ liegt bei wenigen fA.
Die zugehörigen Meßwiderstände sind erheblich teurer.


P.S.:
Was die "vielen" Teilchen angeht: Selbst der genannte Strom von 1pA, der ja wie gesehen kaum etwas bewirkt, entspricht noch etwa 6 Millionen Elektronen pro Sekunde. ----> Faraday -Konstante
Zuletzt geändert von anders am Mittwoch 15. Dezember 2010, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Membranpotential

Neuer Beitragvon ohrenqualm am Mittwoch 15. Dezember 2010, 15:06

+an den Kopf hau+
Natürlich! Danke für die Antwort. Manchmal hat man eben doch ein gewaltiges Brett vor den Augen..
Die grundlegende Elektrizitätslehre ist mir durchaus vertraut - die (sicher gut gemeinte) Formulierung des Physiologiebuches hat mich vielleicht ein bissrl verwirrt +g+
Allzutief brauchen wir bezüglich der Potentiale nicht zu gehen, es wird nur ein rudimentäres Verständnis für die elektrochemischen Vorgänge an der Biomembran vorausgesetzt (so à la: "du sollst gefälligst fähig sein, jemandes N.Ulnaris zu stimulieren und die Resultate auf Scope korrekt zu interpretieren"). Vorgänge innerhalb der Lipiddoppelschicht schauen wir uns in diesem Jahr nur biochemisch (bezüglich ATP-Synthese) an.
Messgeräte stehen werden uns noch zur Verfügung gestellt.

Danke nochmals!
MfG
ohrenqualm
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